Das Vorbild

Die Localbahn-Aktiengesellschaft (LAG) stellte für die von ihr betriebene Strecke von Murnau nach Oberammergau 1909 die LAG 2 (spätere 169 002-3) und 1912 die sehr ähnliche LAG 3 (spätere 169 003-1) in Dienst. Bis auf einen mehrere Jahre dauernden “Rangierausflug” nach Heidelberg, wurden sie bis zu ihrer Außerdienststellung überwiegend auf dieser Strecke eingesetzt. Nach ihrem Verschwinden aus dem Plandienst Mitte 1981 wurden sie beide Ende Juli 1982 ausgemustert. Doch auf sie wartete zum Glück nicht die Zerlegung, sondern sie sind erhalten worden und erfreuen immer wieder die Bahnfreunde.

Roco H0 - DB 169

E69 02 am 19.02.1995 im (Museums-)BW Garmisch

Modellgeschichte

Mit der DB Diesellok 215 überraschte die österreichische Firma Roco 1973 die Modellbahner. In den nächsten Jahren wurde dann zum Teil mit den von der Firma Röwa übernommenen Formen, zum Teil durch Eigenentwicklungen das Programm erheblich erweitert.

Zu diesen frühen Modellen der Firma Roco gehörte auch die Nachbildung der DB Baureihe 169 (E69).

“Hermine” und “Pauline”, wie die großen Loks genannt wurden

Der Roco Katalog von 1978 zeigte erstmals Bilder des Modells und nicht mehr die Zeichnung, die Anfangspackung war nicht mehr vorhanden. Danach blieben die Modelle unverändert im Katalog, 1982/83 wurde die Beschreibung noch etwas über die Einsatzgebiete ergänzt (Murnau-Oberammergau, Heidelberg). Im Katalog 1984/85 waren beide Versionen als Auslaufmodell gekennzeichnet und in der folgenden Katalogausgabe auch nicht mehr vorhanden.

Roco Katalog von 1975

Im Jahr 1975 erschien im Roco Katalog die DB 169 in den Versionen grün und rot. Zwar waren die Loknummern zu den Farbvarianten noch vertauscht, aber es handelte sich ja noch um Vorabzeichnungen.

Erschienen ist das Modell dann erst Anfang 1976. Auch waren im Katalog 1976 die Unstimmigkeiten verschwunden und zusätzlich wurde eine Anfangspackung mit der grünen 169 angeboten. Roco beschrieb das Modell wie folgt: Älteste deutsche Elektrolokomotive, die heute noch ihren Dienst versieht. Exakter H0-Maßstab. Ein kräftiger 5-poliger Motor treibt beide Achsen an, umschaltbar auf Oberleitung oder Schienenbetrieb; funkentstört; LüP 89 mm (tatsächlich sind es aber 84 mm). Der empfohlene Verkaufspreis war übrigens 33,-- DM (knapp 17 EUR).

Nicht verschweigen sollte man aber an dieser Stelle, dass nur die grüne Version der 169 002-1 weitgehend vorbildgerecht ist. Die rote 169 003-2 sieht beim Vorbild doch etwas anders aus und hat andere Proportionen. Hier wurde eben einfach das vorhandene Gehäuse genommen und in rot hergestellt.

Für die zwei Versionen gab es unterschiedliche Kartondeckel

Die Packung 4020 mit der 169 und drei Güterwagen

Modellübersicht

Bestellnummer

Betriebsnummer

Farbe

Bauzeit

Sonstiges

4128 A (43400)

169 002-3

grün

1975 - 1985

 

4128 B (43401)

169 003-1

rot

1975 - 1985

 

4128 C

F 25

rotbraun

unklar, aber vmtl. zwischen 1975 und 1979

Sonderserie für Schweden (siehe unten)

4020

169 002-3

grün

1976

H0-Anfangsgarnitur mit Lok, drei Güterwagen, Schienen und Trafo.

Listenwahn von www.bahnwahn.de

Oben die Modelle der 169 002-3 und der 169 003-1.

Das schwedische Sondermodell

Neben der bekannten grünen und roten 169 gab es noch ein weiteres Modell in dieser Modellfamilie, nämlich eine schwedische “E69”.

Im regulären Sortiment ist dieses Modell nie erschienen und wohl eine der unbekanntesten Roco-Loks überhaupt.

Die Informationen zu diesem Modell sind dünn und auch nicht eindeutig. Ich versuche hier zusammenzutragen, was mir bisher mitgeteilt wurde.

Gesichert ist, dass das rotbraune Modell unter der Bestellnummer 4128C erschienen ist. Verwendet wurde dabei die Verpackung der 4128A, jedoch wurde das “A” mit einem “C” überklebt.

Ein mögliches Vorbild des schwedischen Modells, eine (littera) Ub der schwedischen Staatsbahn SJ. Die aufgebrachte Betriebsnummer 25 und die Angabe “Luossavaara-Kiirunavaara” deutet aber darauf hin, dass als Vorbild eine Reihe F der LKAB diente. Diese entsprachen der Ub der SJ, wie auch der El10 der NSB. Ähnlichkeiten zur E69 sind vorhanden, aber auch sehr viele Abweichungen. Roco hat also nicht mehr als eine farblich passende Annäherung geschaffen. Auf der anderen Seite nahm man in den 1970er/1980er Jahren aber auch nicht alles so genau wie heute.

Bei dem Modell handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine einmalige Auflage auf Betreiben des schwedischen Importeurs. Wann das Modell aber erschienen ist, da wird es schon wieder unsicher. Ich habe hier auf der Seite über Jahre die Information weitergegeben, dass es 1983/1984 erschienen ist. Daran bestehen inzwischen aber erhebliche Zweifel. So wurde ich auf das Ersatzteilblatt der DB 169 hingewiesen, wie es auf der Roco Homepage heruntergeladen werden kann (Bestellnummer 43400). Das Ersatzteilblatt trägt den September 1979 als Erscheinungsjahr und darauf ist schon das braune Gehäuse der 4128C zu finden. Daher muss das Modell schon früher erschienen sein, also zwischen 1975 und (spätestens) 1979.

Während die Nummer “25” an den Fronten aufgedruckt wurde, ist die Beschriftung an der Führerstandstür ein Schiebebild. Unter der großen “25” steht ein “F” für die Reihe F. Zusätzlich zur umlaufenden Schrift “Luossavaara-Kiirunavaara” steht im unteren Bereich noch die Zahl “1951”. Da das Vorbild, die F 25, im Jahr 1931 abgeliefert wurde, könnte es hier vielleicht ein kleiner Ablesefehler gewesen sein, der das Modell 20 Jahre jünger machte. Aber das ist nur eine Vermutung.

Das Modell

Das 84 mm lange Modell besitzt ein Kunststoffgehäuse und einen Kunststoffrahmen. Gehäuse und Rahmen sind gut detailliert, besonders die Lüfter, Klappen und Nietenreihen sehen vorbildgetreu aus. Nur die etwas starken Griffstangen fallen negativ auf. Eine Beleuchtung fehlt und die Führerstandsfenster sind lediglich hinterlegt. Auch der Achsstand ist im Vergleich zum Vorbild etwas zu kurz ausgefallen.

Dies könnte aber seine Gründe haben, denn ich wurde inzwischen darüber informiert, dass der Antrieb der 169 an sich auf einem Drehgestellantrieb basiert, der von Roco ursprünglich bereits in den 1960er Jahren für US-amerikanische Dieselloks hergestellt wurde. Dies dürfte auch die ungewöhnliche Bauweise erklären, die man bei Roco sonst nur noch bei der aus der gleichen Herstellungsepoche stammenden Sik 200/300 der NS gefunden hat. Dort wurde dann aber das Gehäuse direkt auf das Fahrgestell gesetzt, da der Rahmen am Gehäuse angegossen war. Bei der 169 ist der Rahmen ein einzelnes Kunststoffteil.

Durch das Lösen der beiden Schrauben an den Kupplungen (diese ragen von unten in die Fronten des Gehäuses), kann das Gehäuse problemlos abgehoben werden.

Die beiden Räder werden durch einen 5-poligen Motor über zwei Schneckengetriebe angetrieben, auf Haftreifen wurde verzichtet. Wenn das Maschinchen losschnurrt, begeistert mich noch heute das Geräusch. Das Innere des Gehäuses ist fast vollständig durch einen Metallblock ausgefüllt, damit genügend Gewicht auf die Schiene kommt.

Im Fensterbereich ist die kleine Platine mit dem Umschalter für die Stromabnahme zu sehen, dieser ist von außen, durch ein Loch im Dach, zu bedienen.

Der große Ballastblock, darauf die kleine Platine mit der Umschaltung Ober- und Unterleitung

Nach Abheben des Balastblocks ist der Motor zu sehen

Die Beschreibung

Dem Modell lag auf einem beidseitig bedruckten DIN A5 Blatt eine kurze Beschreibung mit einigen Hinweisen zur Wartung bei.

Ein Umbau

Von einem Modellbahner erhielt ich Fotos einer E69 in einer blaugrauen Epoche II Lackierung. Da er das Modell bereits in dieser Ausführung auf einem Flohmarkt erworben hatte, fehlt jeglicher Hinweis, ob es sich hier um einen gut gestalteten einzelnen Umbau handelt, oder ob es vielleicht eine Kleinserie (von wem auch immer) war.

Das Modell trägt als Schiebebilder eine saubere Beschriftung als E69 02 der DRG vom Bw Murnau. Dazu auch Gewichts- und Revisionsangaben (von 1938). Der Stromabnehmer wurde ebenfalls ausgetauscht.

Das Modell befindet sich auf den Fotos noch im weiteren Umbau und wird Laternen von Weinert und einen Antrieb von SB-Modellbau mit einem Faulhabermotor erhalten.

Noch ein Umbau

Einen weiteren Umbau hat Robert Furrer vorgenommen und mir Fotos davon zukommen lassen. Der Grund war der Wunsch eines Enkels nach einer kleinen H0-Bahn, aber da lassen wir ihn selber in seinem Mail erzählen:

Nun, ich bin daran, einem Enkel eine H0-Bahn zu schenken (zu Weihnachten), die aber nicht sehr viel kosten sollte, denn die Kinder haben bis jetzt LGB/Playmobil, was für sie eigentlich passender ist. Doch der Älteste der drei Enkel träumt von der kleineren H0-Bahn. Nun habe ich ein größeres Konvolut an Material billig kaufen können, aus dem ich die besseren Teile für das Weihnachtsgeschenk aufarbeite. Auch dabei waren 5 Loks der Baureihe E69 von verschiedenen Herstellern, alle in unterschiedlichstem Zustand inkl  abblätternder Farbe bei der blau-weißen Fleischmann Lok. Da die Familie im Unterengadin wohnt, kam ich auf die Idee, die Loks in ein einheitliches Fantasie-Gewand der RhB zu kleiden. Klar, RhB ist Schmalspur, aber von der LGB her ist es nicht so abwegig, das alles nicht so eng zu sehen.

Möglich wurde das ganze Projekt, nachdem ich bei TL-Modellbau passende Decals fand. Unter den 4 verwertbaren E69-Modellen war auch ein Roco Modell, leider mit unbrauchbarem Motor. Immerhin möchte ich die Umbauversion zeigen, auch wenn sie ein paar unschöne Details hat. Zwei Puffer und eine Stufe musste ich ersetzen, ohne allzu viel Aufwand betreiben zu wollen. Der Original Stromabnehmer von Roco wurde aus dem Fundus ersetzt. Die Loks habe ich mit den Nummern 1, 2, 3 und 4 beschriftet. Das Roco Modell ist das Älteste, also bekam es die 1. Die Schrift und Zahlanordnung folgt im Prinzip der RhB, also je eine Seite Deutsch, die andere Rhätoromanisch. An der Front das Wappen des Kantons Graubünden. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der RhB Ge 2/2 der Berninabahn kann man erahnen.

Also wenn man die Fotos der RhB-E69 von Robert betrachtet, dann kann ich nur sagen, dass auch diese Lackierung der E69 sehr gut gestanden hätte. Ich hoffe, dass der Enkel an Weihnachten viel Spaß mit seiner H0-Bahn hat.

Zum Schluss

Über 10 Jahre war die 169er bei Roco zu haben. Als sie aus dem Katalog verschwunden war, gab es keine Modellalternative, was dazu geführt hatte, dass auf Börsen für die Modelle Preise gezahlt wurden, die deutlich über dem früheren Neupreis lagen, wenn man sie überhaupt bekam.

Inzwischen haben die in den letzten Jahren erschienenen Modelle der Firmen Märklin/Trix und Brawa das alte Roco Modell technisch und optisch überholt (und preislich auch). Dennoch ist es eine günstige Alternative, die auch in Online-Auktionen immer mal wieder zu finden ist.

Sie ist es auf jeden Fall wert, dass man sich mal wieder an sie (und ihr Vorbild) erinnert.

Die E69 03 fährt am 19.02.1995 mit einem Sonderzug aus Garmisch-Partenkirchen aus.

Erstellt: 14.07.2003

Geändert: 16.07.2017