Vorwort

Mein Modellbahnwahn hat ja schon das eine oder andere seltene oder unübliche Modell gezeigt, dies möchte ich hier fortsetzen. Gerade im Bereich der Straßenbahnen in H0 findet man immer wieder Modelle, die inzwischen kaum noch bekannt sind, da sie nur in kleinen Auflagen gefertigt wurden und es damals, also im letzten Jahrtausend, so knapp gegen Ende, den heutige Informationsfluss über das Internet noch gar nicht gab.

Solch ein Modell ist auch der Stadtbahn- bzw. U-Bahn-Triebwagen des Typs U2, der von MSE gefertigt wurde. Wenn jetzt weder U2 (ja klar, ist eine Band aus Irland oder ein Spionageflugzeug der USA...ich meine aber als Trammodell), noch MSE bekannt sind, dann viel Spaß bei diesem Modellbericht. Wenn das aber alles “klar” ist, trotzdem viel Spaß, man kann nie auslernen.

An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Herrn Ing. A. Bieber von der Firma MSE aus Prottes in Österreich, der mir freundlicherweise wertvolle Informationen zum Modell übermittelt hat, die hier eingeflossen sind.

Und noch ein Hinweis: Alle gezeigten Modelle sind gebraucht erworben worden. Daher haben sie entsprechende Spuren und sind evtl. auch bebastelt worden. Der gezeigte Zustand entspricht daher leider nicht immer dem Neuzustand ab Werk.

MSE Siemens/Düwag Typ U2

Vorbild

Der Stadtbahnwagen U2 ist eine Weiterentwicklung aus dem Prototyp U1 und wurde ab 1968 für den Nahverkehr in Frankfurt/Main hergestellt. Der sechsachsige Stadtbahnwagen wurde im mechanischen Teil von der DÜWAG, bzw. DÜWAG und Wegmann gebaut. Der elektrische Teil stammte von Siemens. Es handelt sich um einen Zweirichtungswagen, der in Frankfurt/Main auf den U-Bahn-Linien unterwegs war und noch immer ist, ebenso kann er wegen seiner Wagenbreite von 2,65 Metern auch auf Stadtbahnlinien verkehren.

Der Wagen ist 23,054 Meter lang, wiegt leer ca. 32 Tonnen, ist für 600V Gleichstrom ausgelegt und er erreicht eine Geschwindigkeit von 80 km/h. 

Neben Frankfurt fand sich in Deutschland kein weiterer Verkehrsbetrieb, der den U2 bestellte. Jedoch wurde der Typ erfolgreich nach Nordamerika verkauft und fand in San Diego (USA), sowie in Calgary und Edmonton (Kanada) Verwendung.

Der U2 Frankfurt/Main trug bei der Auslieferung die klassische Lackierung in rot/weiß/rot. Später erhielten die Fahrzeuge eine Lackierung in orange/hellelfenbein mit umbragrauer Schürze, bevor sie aktuell in türkis lackiert wurden. 

Wolfgang Heinze hat hier das Vorbild, den Frankfurter U2-Triebwagen 318, am 10.02.1979 auf der Linie U1 in Heddernheim aufgenommen.

Modellgeschichte

Lange Zeit hatte das Thema Straßenbahnen fast kein Gewicht in der Modellbahnszene. Es war lediglich ein kleiner Kreis von Tramfreunden, der sich für den Nahverkehr im Modell interessierte. So waren auch lange Jahre Großserienmodelle rar und bis auf die Hamo Straßenbahn, den Liliput KSW und dann (endlich) den Roco GT6/GT8 fiel einem damals kaum mehr ein.

So war der Bau von weiteren Modellen Kleinserienspezialisten vorbehalten und die gefertigten Modelle waren normalerweise sehr schnell verkauft, wenn man von ihnen überhaupt erfuhr.

In Österreich wurde 1976 die Firma „Modell + Spiel Expert“ gegründet, die dann ab 1978 unter dem Namen MSE an die Öffentlichkeit ging. Der Schwerpunkt von MSE lag vor allem im Bereich von österreichischen Modellen, dort wurde auch viel für die Schmalspur getan. Dies war aber nicht immer so. Zu Beginn machte sich MSE nämlich bei den Straßenbahnfreunden beliebt, erschienen doch einige Modelle, die es sonst nicht gab und die zum Teil bis heute nicht erneut aufgelegt wurden. So ein Modell war auch die U2.

Im Jahr 1981 produzierte MSE exklusiv für die Firma Siemens Modelle des Stadtbahnwagens U2. Im Anschluss an diesen Auftrag wurde auch noch eine kleine Stückzahl an die Frankfurter Firma Hobby Haas geliefert. So entstanden in den Jahren 1981 bis 1985 bei MSE in Prottes/Österreich 750 Exemplare des U2 Stadtbahnwagens im Maßstab 1:87. Dabei wurden alle damals gängigen Lackierungsvarianten berücksichtigt. So wurden folgende Farbgebungen gefertigt:

Frankfurt (rot/weiß/rot) ca. 250 Modelle

Frankfurt (orange/hellelfenbein) ca. 200 Modelle

Calgary (weiß mit blau/lila/pink) ca. 100 Modelle

Edmonton (weiß/blau/gelb) ca. 100 Modelle

San Diego (rot) ca. 100 Modelle

Diese Stadtbahnen sind heute gesuchte Raritäten, die man nur sehr selten auf dem Gebrauchtmarkt sieht. Auch erreichen sie dann durchaus Sammlerpreise von mehreren 100 Euro, wenn der Zustand neuwertig ist. Aber selbst für gebrauchte und bebastelte Modelle ist man schnell im dreistelligen Bereich. 

Modellübersicht

MSE Siemens/Düwag Typ U2

Betrieb

Farbe

Foto

Bemerkungen

Frankfurt/Main

rot/weiß/rot

Auflage ca. 250 Stück

Frankfurt/Main

orange/beige

Auflage ca. 200 Stück

Calgary (CAN)

weiß (blau/pink)

Auflage ca. 100 Stück

Edmonton (CAN)

weiß (blau/gelb)

Auflage ca. 100 Stück

San Diego (USA)

rot

Auflage ca. 100 Stück

derkleineuhzwowahn von bahnwahndeeh

Modelldetails

Das Gehäuse besteht aus hochfestem Epoxidkunststoff der Firma CIBA. Es ist gut gestaltet und gibt das große Vorbild überzeugend wieder. Natürlich kann es mit einer aktuellen Großserienfertigung in Ausführung und Detaillierung nicht mithalten, aber bitte daran denken…wir sprechen hier über ein Modell, welches 1981 in Kleinserie gefertigt wurde - und dafür ist es klasse!

Die Lackierung ist ebenfalls weitgehend sauber ausgeführt, kleine Unterspritzungen an den Farbtrennkanten, z. B. im Türbereich ließen sich jedoch nicht ganz vermeiden. Insbesondere auch die verschiedenen bunten Zierstreifen der Modelle Edmonton und Calgary sind anfällig für Kratzer und zeigen daher oft Gebrauchsspuren.

Die Fenstereinsätze stammen seitlich ebenfalls von dem Roco Modell, die anderen wurden von MSE hergestellt. Auf eine Inneneinrichtung wurde verzichtet. Dafür wurde der Innenraum schwarz lackiert, so dass dies nicht allzusehr auffällt. Ein Betätigungsfeld für den Bastler also. Der Führerstand allerdings wurde nachgebildet und mit einer Abtrennung versehen.

Die Drehgestellblenden wurde ebenfalls verändert, dem Vorbild nachempfunden und auf den Roco Rahmen gesetzt.

Bei den Stromabnehmern handelte es sich um Roco Ersatzteile. Hier wurde gemäß dem Vorbild darauf geachtet, dass sowohl Scherenstromabnehmer, wie auch Einholmstromabnehmer Verwendung fanden. Da es sich jedoch um handelsübliche Teile handelte, entsprachen diese nur annähernd dem großen Vorbild. Aber das ist ja zum Teil auch noch heute so.

Zum Fahrgestell und dem Antrieb muss man zuerst einmal nur wenige Worte verlieren. Die Firma MSE verwendete nämlich das bewährte komplette Fahrgestell des Roco GT6 mit Gelenkportal. Auf dieses wurde das eigene Gehäuse aufgesetzt. Wegen der Länge waren jedoch ein paar Anpassungsarbeiten am Gußrahmen vorzunehmen. So wurden die Fronten abgetrennt und durch eigene Kunststoffteile ersetzt. Das Gussteil der Front fand dann Verwednung als Gewicht für den Antrieb (Foto rechts).

Erst bei dem später ebenfalls von MSE gefertigten Frankfurter U3 wurde von MSE auch ein eigenes Fahrwerk verwendet. Es sind mir aber auch U2 Modelle bekannt, die bereits mit dem eigenen Fahrgestell ausgestattet wurden. Dieses bestand komplett aus Kunststoff. Es wurde zwar mit Gewichten beschwert, das Modell ist aber mit ca. 150 Gramm doch einiges leichter, als ein Modell mit Roco Fahrgestell (ca. 210 Gramm).

Oben das ursprüngliche Fahrgestell auf Roco Basis. Rechts ein Detailfoto des späteren Fahrgestells aus Kunststoff.

Der Blick in das Gehäuse von unten hinein zeigt die eingesetzten Fenster.

Hier noch ein Blick auf die beiden Ausführungen des Antriebs von unten. Die obere Straßenbahn zeigt das spätere eigene Antriebskonzept von MSE mit der eigenen Bodenplatte. Darunter das Modell auf Roco Basis.

Verpackung

Bei dem Modell sind mir zwei verschiedene Verpackungsvarianten begegnet. Zum einen gab es das Modell mit einem Styroporunterteil, zum anderern in einem Pappunterteil mit passendem Hartschaumstoffeinsatz. Die Größe der Verpackungen ist unterschiedlich, wie auch die Gestaltung des Stülpdeckels aus Pappe. Beide schützen das Modell gut und zeigen bis heute keine Auflösungserscheinungen (ich erinnere mich da an Schaumstoffe anderer (großer) Firmen, die sich völlig auflösen).

Neben dem Modell des U2 Wagens fand man in der Schachtel noch einen Plastikbeutel mit Zurüstteilen (Kupplungen, Spiegel usw.), sowie einen Beschriftungssatz mit Wagennummern und Zielen. Ebenfalls war eine kleine Anleitung zum Modell und ein Hinweis auf das Anbringen der Aufreibesymbole beigelegt (zum Vergrößern bitte Anklicken).

Sonstiges

In Frankfurt/M wurde am 04.10.1968 der U-Bahn Betrieb aufgenommen und der erste Zug startete an der Hauptwache. Zu diesem Anlass gab es sogar eine offizielle Gedenkkarte mit Sonderstempel. Vielen Dank an Reinhard Kirstein (www.quartettsammler.de), der mir die Karte übersandt hat. Die Karte zeigt das Vorbild unseres Modells, einen U2 Wagen, der damals aktuell abgeliefert wurde.

Zum Schluss

Ich hoffe, der kleine Ausflug zum U2 hat Spaß gemacht und mein Modellbahnwahn hat wieder ein paar interessante Fakten vermittelt.

bahnwahn Modellbahnwahn

Erstellt: 10.08.2008

Geändert: 01.05.2020