Lima - Das Eigenleben des Lokgewichts

Es geht in diesem “Dies+Das” um ein Detail der “alten” Limamodelle. Wir sind also bei den Klassikern, an dem sich jeder Limasammler erfreut, bevor dann massive Metallrahmen die Lokgehäuse ausgefüllt haben. Modelle aus der Zeit, als eine Lokomotive von Lima deutlich weniger Teile als ein Plastikflugzeug von Revell oder Airfix hatte und eingesetzte Fenster schon etwas Besonderes waren. Also um Modelle aus der Zeit, als man Lima im Kaufhaus zwischen Puzzles und Lego finden konnte.

Ein “echter” Modellbahner (was auch immer das sein mag...) mag sich von diesen Modellen mit Schaudern abwenden, aber viele frühen Limamodelle sind es wert, sie sich genauer anzusehen, denn sie geben oft das Erscheinungsbild des Vorbilds ausgezeichnet wieder. Das muss ja nicht die DB 111 mit der Front der E410 sein, die war wirklich suboptimal. Aber da gab es eine Vielzahl von Modellen, die heute noch gefallen können und Vorbilder wiedergaben, die von anderen Herstellern zum Teil völlig vernachlässigt wurden. Als Beispiele nenne ich hier nur einmal die DB 110.3, E310/E410, 221, 280, 288, ÖBB 2143, SBB Ae 3/6, Bm 4/4, Re 4/4 I, FS E424, 444, 633, 646, 656. Zudem waren diese Modelle im Vergleich günstig zu bekommen und leicht zu verbessern.

Was viele dieser Modelle gemeinsam hatten, war der konstruktive Aufbau. Der Lokrahmen bestand aus Kunststoff als Träger für Antrieb, bzw. die Drehgestelle. Darauf wurde ein Lokgehäuse geklippst, manchmal auch geschraubt, was ebenfalls aus Kunststoff bestand. Für das notwendige Gewicht, um auch ein paar Wagen zu ziehen, sorgte ein Metallgewicht. Dieses war bei den Drehgestellloks überwiegend in der Lokmitte platziert. Noch ältere Limaloks hatten hier eine oder mehrere Bleiplatten, aber die Version mit dem geformten Gewicht war häufig.

Aufbau einer Limalok (hier eine E410 der DB), wie er über viele Jahre Standard war

So ein Gewicht ist ja nur ein toter Metallklotz - könnte man denken - aber dem ist eben nicht so, es lebt! So gibt es inzwischen im Internet mehrere Hinweise, Fotos und Berichte, dass sich das Gewicht in verschiedenen Limamodellen verändert. Es dehnt sich dabei im Umfang aus, bekommt sozusagen eine Beule. Dabei kann es passieren, dass das Gewicht das Gehäuse nach außen drückt und es sogar zu einem Riss im Kunststoff oder anderen Beschädigungen in der Lok kommen kann.

Gewicht aus einer ÖBB 2043 mit einer deutlichen Ausbeulung

Wenn man dies rechtzeitig erkennt, kann man es mal ganz profan mit einer Feile beheben und die Ausbeulung entfernen und weiter beobachten. Daher hier die Empfehlung, seine Limamodelle nicht einfach im Schrank liegen zu lassen, sondern sich hin und wieder zu vergewissern, dass das Gewicht auch noch gesund ist.

Ich kann hier keine Auflistung abgeben, welche Modelle betroffen sind und ob es dann auch alle Modelle dieser Serie sind. Da im Internet aber diverse Limamodelle genannt werden, bei denen das Problem aufgetreten ist und ich einige davon selber bestätigen kann, hier eine kleine Übersicht ohne Gewähr. Diese muss aber weder abschließend, noch in jedem Fall zutreffend sein. Durch die Fertigung über Jahre hinweg gab es eben auch Unterschiede in der Materialzusammensetzung oder Fertigungsart.

Bekannte Modelle mit “Gewichtsproblemen” (es sind natürlich Volumenprobleme) - Es deutet einiges darauf hin, dass vor allem Modelle aus Anfang der 1980er Jahre betroffen sind:

DB: 10, 18, 39, V188
FS E656
NS 1220
NSB El.14
ÖBB 1043, 2043
SAR E5
SBB Ae 3/6, Ae 6/6, Bm 4/4, RBe 4/4, Re 4/4 I
SJ Rc2
SNCF 141 R, RGP 825
ALCo 1930, Plymouth MDT

Es wäre jetzt ganz einfach, dieses Problem dem Begriff Zinkpest oder Zinkfraß zuzuordnen. Damit liegt man ja in der Regel auch völlig richtig. Auch andere Hersteller waren und sind davon betroffen, wenn das Ausgangsmaterial, bzw. die Zusammensetzung der Zinkal-Legierung, eben nicht in Ordnung war. Sehr bekannt ist dabei Klein Modellbahn, aber auch bei Roco, Märklin, Piko, Brawa, Liliput u. a. kann dieses Problem bei bestimmten Modellen auftreten und im schlimmsten Fall ein ganzes Lokmodell vernichten.

Dass es nicht ganz so einfach ist, zeigten aber verschiedene Beiträge in den Modellbahnforen, wo dieses Problem diskutiert wurde. Ich als Nichtchemiker bin da absolut ahnunglos, aber ich freue mich über Beiträge von anderen Modellbahnern, die ich hier ergänzend einstelle.

Werkstoffkundliche Analyse eines LIMA Lokgewichtes zum Thema „Zinkfraß“ o. ä.
von Michael Meier (April 2016)

Immer wieder tauchen in der Modellbahn-Szene Klagen über gerissene bzw. ausgebeulte Lok-Gehäuse auf. In vielen Fällen sind dafür offenbar Ballastgewichte verantwortlich, welche durch chemische Prozesse im Laufe der Jahre ihr Volumen ändern und somit die sie umgebenden Gehäuse förmlich ausbeulen oder „sprengen“. Zu dieser Thematik stellte mir Herr Christoph Rizzo aus der Schweiz ein entsprechendes Ballastgewicht für Untersuchungszwecke zur Verfügung. Nach Aussagen von Herrn Rizzo stammt dieses Gewicht aus einer Lima Lok mit der Katalognummer 208130. Es handelt sich um das Modell auf Basis einer El.14 im Dienste der NSB.

Teil I der Untersuchungen:

Zunächst einmal etwas evtl. leicht Überraschendes - von ZINKfraß oder ZINKpest kann hier keine Rede sein, denn es handelt sich nicht um eine Zinklegierung, sondern um fast reines Blei!!! Schon beim Auspacken des Gewichtes wunderte ich mich über die offensichtlich hohe Dichte. Hier das Gewicht:

Da ich beruflich hauptsächlich mit Zink und seinen Legierungen zu tun habe, war mir schnell klar, dass hier kein Zink vorliegen kann. Der Verdacht in Richtung Blei war also naheliegend. Um Gewissheit zu erhalten, wurde das Gewicht mittels RFA (Röntgenflouroszensanalyse) analysiert. Dabei bestätigte sich der "Blei-Verdacht". Die Ergebnisse der RFA habe ich hier einmal als Diagramm dargestellt - die Elemente sind in Gewichtsprozent dargestellt.

Ins Auge sticht natürlich der Haupt-Peak für die Blei-Linie. Der Bleigehalt beträgt 95,5 %. Das Element mit dem nächsthöchsten Gewichtsanteil ist Zink mit 1,41 %. Für Nicht-Chemiker: Die Elemente auf der Achse von links nach rechts sind : Magnesium, Aluminium, Silizium, Phosphorverbindungen, Kalium, Calcium, Mangan, Nickel, Kupfer, Zink, Cadmium, Zinn, Blei und Antimon.

Hier das Messprotokoll:

Die chemische Zusammensetzung dieses Gewichts ist also somit geklärt. Zur Absicherung führte ich noch eine Dichte-Bestimmung nach der Volumenverdrängungs- Methode durch. Hier ergab sich eine rechnerische Dichte von 11,5 g/cm³, was ebenfalls auf Blei hindeutet. Für Zink liegt die Dichte bei ca. 7,5 g/cm³.

Zur endgültigen Absicherung führte ich an dem Gewicht eine Härteprüfung mit einem Kleinlast-Härteprüfer durch. Hier ergab sich ein Wert von 10 HV, was sehr weich ist! Zink bzw. Zink-Legierungen liegen deutlich höher, nämlich im Bereich um 40-50 HV. Dies war also zunächst die chemische Analyse.

Es wäre natürlich sehr interessant zu wissen, welche Blei-Legierungen oder ggf. auch Zink-Legierungen in der Modellbahn-Branche denn eigentlich überhaupt üblich sind! Erst dann könnte man definitiv sagen, dass Element x bzw. y viel zu hoch oder zu niedrig legiert ist! Im Spielwarenbereich wurden meines Wissens zumindest für GEHÄUSE gern Zinklegierungen der ZAMAK-Gruppe verwendet. Dies trifft in diesem Fall aber ja nun überhaupt nicht zu, da es sich hier um ein Bleigewicht handelt. Mir ist allerdings auf Anhieb aber auch keine technische Legierung mit einem Blei-Gehalt von 95,x% bei 1,4% Zink bekannt. Wer weiß evtl. mehr? Wie bereits gesagt, kann eine solche "Beule" unterschiedliche Ursachen haben. Produktionstechnisch könnte es sich um einen einfachen Gussfehler handeln (Lunker, Pore, Blase), sprich Luft/Gaseinschluss, wenn eine Schmelze zu schnell/zu heiß z. B. in eine Form gespritzt/gegossen wird. Dann müsste diese Beule allerdings von Anfang an vorhanden gewesen sein und der Lok-Besitzer hätte im günstigsten Fall sofort nach Erwerb der fabrikfrischen Lok einen Blick unter das Gehäuse werfen müssen, was wohl die wenigsten tun. Korrosionstechnisch könnte es sich um eine elektrochemische Korrosion handeln, bzw. um eine sogenannte inter- oder auch intrakristalline Korrosion.

Werden die vorgeschriebenen Maximum- oder auch Minimum-Werte von einzelnen Legierungsbestandteilen nicht eingehalten oder sind insbesondere "unedle" Bestandteile in zu hoher Konzentration vorhanden, so lagern sich diese Verunreinigungen beim Erstarren einer Schmelze bevorzugt an den sogenannten Korngrenzen ab. Sie sind chemisch unedler und damit korrosionsanfälliger. Da sie sich an den Korngrenzen anreichern, beginnt später bevorzugt genau dort die Korrosion und diese Korngrenzen "brechen/reissen" förmlich auf und führen letztendlich auch zu einer Volumenveränderung. Bei dem vorliegenden Gewicht könnten evtl. beide Ursachen zum Tragen kommen. Schneidet man die Beule auf, wie das ja auch schon andere Modellbahner vorher getan haben, so zeigt sich ein riesiger Hohlraum. Zunächst also ein offensichtlicher Gussfehler, denn eine solche Volumenänderung schafft nicht ALLEINE eine Korrosion und ein Hohlraum hat gar nichts mit Korrosion zu tun, sondern ist erst einmal rein gießtechnisch verursacht! Wie gesagt, das A&O wäre, wenn man von einem bzw. mehreren Modellbahnherstellern erfahren könnte, welche Legierungen bei der Produktion solcher Gewichte überhaupt üblicherweise verwendet werden. Hier noch ein paar Bilder:

Teil II der Untersuchungen:

Zunächst der besseren Übersicht halber noch einmal die chemische Analyse des vorliegenden Ballastgewichtes in tabellarischer Form:

Mir persönlich ist keine technische Blei-Legierung dieser Zusammensetzung bekannt. Man könnte angesichts dieser Werte fast meinen, dass hier sogenanntes „Roh-Blei“ vorliegt. Hierzu habe ich jedoch keine Erkenntnisse – wer weiß mehr?

Abschließend wurde eine metallographische Untersuchung durchgeführt. Eine Probe des Gewichtes wurde als Schliff präpariert und mikroskopisch betrachtet. Blei ist leider ein sehr weicher und schmieriger Werkstoff, der sich schlecht präparieren lässt. Die nachstehenden Bilder zeigen das sogenannte Gefüge dieses Werkstoffes.

Nun bin ich leider kein Experte für Blei und seine Legierungen. Die eigentliche Korrosionsursache bleibt daher hier unbekannt. Denkbar ist aber eine Volumenänderung durch Oxydation ohne Frage. Grundsätzlich wirft dieser Fall aber schon Punkte auf, die zur Diskussion gestellt werden können, nämlich:

1. Liegt überhaupt ein Korrosionsschaden vor, oder handelt es sich lediglich um einen Gussfehler?
2. War dieser Fehler evtl. von Anfang an vorhanden, oder ist diese „Beule“ tatsächlich erst im Laufe der Jahre gewachsen?
3. Gibt es aktuell immer noch Probleme dieser Art?
4. Wer kann Auskunft geben über die für die Herstellung solcher Gewichte üblichen Legierungen?
5. etc...

Nachtrag und Versuch eines Fazits

Fragestellung 1 ließ mir keine Ruhe, nämlich, ob überhaupt eine Korrosion vorliegt? Zu diesem Zwecke spannte ich das vorliegende Gewicht in die Drehbank ein und drehte die Fläche mit dem Lunker weiter ab. Erwartungsgemäß zeigte sich, dass der Lunker sich im Werkstoff-Inneren weiter und größer fortsetzt. Siehe nachfolgendes Bild:

Viel interessanter ist es aber nun, sich sozusagen die „Innenwände“ dieses Loches anzusehen. Sollte nämlich eine Korrosion stattgefunden haben, müsste die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sein, hier auch Spuren eines entsprechenden Korrosionsproduktes zu finden! Unter dem Stereomikroskop zeigt sich nun folgendes Bild:

Wie man sieht, sind die Innenbereiche des Gewichtes völlig frei von irgendwelchen Korrosionsprodukten! Es müssten sich zwingend irgendwelche „Ausblühungen“, weißliche Partikel o. ä. zeigen. Dies ist nicht der Fall.

Somit komme ich bei diesem konkreten Einzelfall eher zu dem Schluss, dass hier mit großer Wahrscheinlichkeit ein reiner Gießfehler vorliegt.

Michael Meier, im April 2016

Ausführungen zu den Veränderungen eines LIMA Lokgewichtes von Dipl. Ing. Andreas Schindler (April 2018)

Der Beitrag im Modellbahnwahn zur Veränderung von Zink- und Bleiballasten hat mich sehr interessiert.Ich bin selbst seit meiner Kindheit passionierter Modelleisenbahner in Spur N, von Beruf Werkzeugmacher/Gießereiingenieur und habe zahlreiche Fahrzeugmodelle repariert und/oder selbst gebaut.

Die Fotos zeigen nicht gerade einen Lunker, sondern eher einen Einschluß von Gasen oder Flüssigkeitsresten. Den Unterschied kann man an der  Oberfläche erkennen: Lunker besitzen eine so genannte dendritische Oberfläche ("Tannenbaumstruktur", so als ob man über ein Gebirge mit Tannenbäumen schaut). Lunker entstehen durch ein nicht ausgeglichenes Volumendefizit beim Erstarren. Man stelle sich vor, man gießt einen Ball. An der Außenhülle erstarrt das Gießmetall und bildet eine feste Hülle. Im Inneren befindet sich noch flüssiges Metall und kann kein weiteres Material "nachsaugen". Es entsteht im Zentrum der Kugel ein Hohlraum mit Vakuum und stark zerklüfteter/aufgerissener Oberfläche; von meist matt und dunkler Färbung. Gaseinschlüsse hingegen besitzen eine matt glänzende Oberfläche, glatt und kantenlos, ebenso wie Luftblasen im Wasser. Lunker neigen auf Grund des Vakuums zum Zusammenziehen!

Beim Gießen (Schwerkraft- wie auch Spritzgießen) werden (fast) immer Trennmittel (Öle, Kohlenstoff) verwendet, deren Funktion darin besteht, durch Vergasen oder Verbrennen einen hauchdünnen Gasfilm an der Formkontur zu erzeugen, der das "Ankleben" des Gießmetalls am Formstoff (Sand, Stahl)  verhindern soll. Wird das falsche Trennmittel verwendet oder falsch dosiert, so kommt es zu den gezeigten Einschlüssen oder Reaktionen mit dem Gießmetall (Ausscheidungen oder Anlagerungen an den Korngrenzen). An den Korngrenzen kann es zu interkristalliner Korrosion kommen. Bei  Zink-Druckgußteilen (aber bitte ungeputzt, so wie sie aus der Form kommen) kann man das des öfteren sehr gut beobachten. Dunkelbraune  Verbrennungsreste befinden sich auf der Oberfläche und gelegentlich im Oberflächenbereich im Gefüge; die Teile bekommen linsenartige "Buckel".

Die Legierungsanalyse enthält nichts Aufregendes, daraus würde ich auch keine Rückschlüsse auf den beschriebenen Fehler ziehen. Jedoch ist die beschriebene Legierung sehr weich, bei der gezeigten Bauteilgröße ist die Wandstärke auch sehr dünn; es werden keine großen Kräfte zur Deformation benötigt. Gesetzt den Fall, es kommt im Bereich des Einschlusses zu Reaktionen, welche eine Volumenzunahme bewirken (z.B. Ausgasen/Verdampfen in den Hohlraum), geht die Blase auf wie der sprichwörtliche Hefekuchen (zumal diese flach unter der Oberfläche lag). Durch langsamen Druckanstieg und  schleichender Materialermüdung bei der Verformung kann dieser Prozess nicht in einer Momentaufnahme (wie z.B. in der Qualitätssicherung bei der Fertigung) festgestellt werden.

Aus meiner Sicht liegt die Ursache im Gießprozess, nicht in der Herstellung der Legierung. In der Quintessenz kann man jedoch keine Abhilfe vornehmen, da man die Verunreinigungen im Metall nicht entfernen kann; die Teile sind letztendlich verloren!

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schindler

bahnwahn Modellbahnwahn

Erstellt: 14.05.2016

Geändert: 26.02.2019