Einleitung

Es ist erst ein paar Tage her, dass ich in meinen Modellbahn-Wahn den DT8.4 der Firma Swedtram aufgenommen habe. Dieses nicht gerade billige Messingmodell ist sicher einigen Tramfreunden bekannt - nein? - dann schauen Sie doch auf meiner entsprechenden Seite nach. Zumindest die Firma Swedtram kennt man jedoch dem Namen nach.

Bestimmt ist es noch weniger bekannt, dass es vom DT8.4 der Stuttgarter Straßenbahn (SSB) ein weiteres Modell gegeben hat, gefertigt von der Firma Bogusch aus Rauschenberg/Josbach. Bogusch ist bei der Modellbahn eigentlich als Umbauspezialist für Antriebe bekannt, aber dieses Kunststoffmodell stammt tatsächlich auch aus deren Fertigung.

Also keine weiteren spannungserhöhende Worte wie im Krimi (naja, es gibt da noch ein spannendes Nachwort...), schauen wir uns den Bogusch DT8.4 gleich einmal an.

Vorbild

Bogusch DT 8.4

Der DT8.4 3055/3056 wartet an der Endhaltestelle Botnang am 19.06.2003 auf seine nächste Fahrt, quer durch Stuttgart, nach Untertürkheim.

In den Jahren 1981 und 1982 ließ die Stuttgarter Straßenbahn (SSB) drei Prototypen eines neuen Stadtbahntriebwagens bauen, der in der Grundkonzeption dem Stadtbahnwagen A des Verbands öffentlicher Verkehrsbetriebe entsprach. Diese als Typ DT8.1 bis DT8.3 bezeichneten Doppeltrieb- wagen wurden zuerst auf dem Netz der Albtalbahn getestet, bevor sie im Jahr 1983 auch auf der Strecke Plieningen- Möhringen in Stuttgart zum Einsatz kamen. 

Die Ergebnisse dieser Tests flossen in die folgenden Serienfahrzeuge ein, die als Typ DT8.4 bezeichnet und ab 1985 ab der Wagennummer 3007/3008 ausgeliefert wurden. Dabei erhielten bei den Doppeltriebwagen immer beide Teile eine unterschiedliche, aber fortfolgende Wagennummer. Diese erste Serie endete nach 40 Fahrzeugen mit dem Wagen 3085/3086. Aber schon ab 1988 folgte eine weitere kleine Serie als DT8.5, der weitere Lieferungen ohne Klapptrittstufen folgten (DT8.6, 8.8 und 8.9), aber auch noch sechs Triebwagen mit Klapptrittstufen, damit noch weitere Fahrzeuge für den Halt an Tiefbahnsteigen zur Verfügung standen (DT8.7).

Die DT8.4 bis 8.9 sind heute der Standardtriebwagen bei der SSB und stellen zusammen mit dem technisch und optisch verbesserten und veränderten Nachfolger DT8.10 den Fahrzeugpark in Stuttgart.

Modellgeschichte

Ich muss zugeben, dass mein Wissen über die Geschichte dieses Modells sehr gering ist. Nach dem beigelegten DIN A4 Blatt (siehe rechts - kann durch Anklicken vergrößert werden) wurde das Modell als nummerierte Kleinserie als Auftragsarbeit von Bogusch entwickelt und gefertigt. Das mir vorliegende Modell trägt auf der Verpackung und auf dem Boden des angetriebenen Teils die Nummer 527. Zumindest so viele Modelle hat es also gegeben (evtl. 1.000?), wenn ich davon ausgehe, dass Bogusch bei der Nummer 1 mit der Nummerierung begonnen hat.

Den Produktionszeitraum kann ich nur dahingehend eingrenzen, dass das Vorbild 1985 ausgeliefert wurde und das Modell daher zwischen 1985 und 1993 entstanden sein muss. Denn auf dem beigelegten Blatt und der Verpackung findet sich noch die 4-stellige Postleitzahl des Herstellers, welche ja (Fünf ist Trümpf - die Älteren erinnern sich...) am 01.07.1993 abgelöst wurde.

Wenn mir hier also jemand ergänzende Informationen zukommen lassen könnte, würde ich mich sehr freuen.

Modellübersicht

Es ist mir nur diese eine Ausführung bekannt, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es noch weitere gegeben hat.

Bogusch Stadtbahnwagen DT8.4 der SSB (Stuttgart)

Bestellnummer

Bauzeit

Wagennummern

Fotos

Keine bekannt

? (zwischen 1985 und 1993)

3007/3008

Dähtähachtwahn von bahnwahn.de

Modelldetails

Das Modell ist fast ausschließlich aus Kunststoff gefertigt. Für das Gewicht sorgen lediglich Weißmetallteile, welche von innen an die Bodenplatten geschraubt sind und die Kästen zwischen den Drehgestellen darstellen. Außerdem sind die Sitze an den Wagenenden ebenfalls kleine Weißmetallteile zur Gewichtserhöhung. Bei den Kunststoffgehäusen handelt es sich jedoch nicht um Spritzgussteile, was bei der kleinen Auflage auch nicht zu erwarten war, sondern sie sind aus einzelnen Plastikplattten zusammengesetzt.

Die verschiedenen Klappen des Vorbilds wurden gut wiedergegeben, auch die Fensterrahmen und die Türdrücker sind vorhanden. Im Vergleich zu Großserienmodellen wirken manche Gravierungen jedoch ein wenig grob, wie die Griffstangen und Griffmulden der Führerstandsaufstiege oder fehlen, wie z. B. die Blinker. Der Dachbereich gibt die wichtigsten Aufbauten zwar etwas vereinfacht aber durchaus vorbildgetreu wieder. Es wurde ein handelsüblicher Stromabnehmer verwendet, der zwar das Vorbild grob trifft, aber die Verstrebungen der Oberschere nicht berücksichtigt. Jedoch gibt es keine exakte Nachbildung des Vorbilds.

Die Fenster sind aus durchsichtigem Kunststoff und passgenau eingesetzt. Es dürfte sich dabei um eine Art durchsichtiges Harz handeln und so zeigen die Scheiben verschiedene kleine Lufteinschlüsse und sind auch leider nicht plan, sondern minimal gewölbt und verzeichnen damit den Blick nach innen ein wenig wie eine Linse.

Die Lackierung des Modells ist farblich sehr gut getroffen. Ich denke, dass hier im Sinne einer Auftragsarbeit auch die Originalfarben der SSB verwendet wurden. In der Ausführung gibt es an den kritischen Stellen, wie an den Frontfenstern und an den Türen ein paar Unregelmäßigkeiten und Unterspritzungen.

Gekuppelt werden die Wagenkästen, indem eine Kupplungsdeichsel zwischen die Wagenteile geschraubt wird. Sie wirkt durchaus vorbildgerecht und sorgt für eine sichere Verbindung. Damit wird ein enger Abstand erreicht und da im Betrieb die Kästen nicht getrennt werden, ist es auch für den Modellbetrieb praktikabel.

Mit den Metallgussteilen wurden die Wagenböden gestaltet und damit auch das nötige Gewicht für eine gute Traktion erreicht. Sie sind von innen an die Bodenplatten geschraubt.

Für das Zerlegen genügt es, wenn die Wagenkästen auf Höhe der Führerstände leicht gespreizt werden und dann die Bodenplatte, an den Wagenenden beginnend, nach unten herausgenommen wird. Dabei ist aber etwas Vorsicht geboten, da Kabelverbindungen zwischen Bodenplatte und Wagenkasten bestehen, welche zwar genügend Spiel haben, aber bei unsachgemäßer Behandlung abreißen können. Die Bedienungsanleitung weist aber darauf hin. Wenn es also passieren sollte, dass die Kabel abreißen, dann ist man selber Schuld gewesen, also Lötkolben anwerfen...

Die Inneneinrichtung ist weitgehend zutreffend wiedergegeben. Die Sitze sind in einem Grüngelb lackiert, wie es auch beim Vorbild über viele Jahre anzutreffen war. Auch der Führerstand ist ausgestaltet worden. Beim genauen Blick in den Innenraum erkennt man aber die Kabel und Dioden, bzw. den Motor. Wer will, kann da mit etwas Farbe die Teile wegtarnen. Durch die Verwendung eines länglichen Motors “unterflur” ist der Innenraum praktisch ohne störende Erhebungen, was sehr gut gefällt.

Das Wagenteil mit dem Stromabnehmer ist auch angetrieben. Hier sitzt in der Wagenmitte tief nach unten versetzt ein Faulhabermotor, der über eine Kardanwelle das hintere Drehgestell antreibt. Vier Haftreifen sorgen für genügend Haftung und Vortrieb. Die Stromabnahme erfolgt von den anderen drei Drehgestellen der beiden Wagenkästen. Damit der Saft vom nicht angetriebenen Wagenkasten auch beim Motor ankommt, muss ein 2-poliges Kabel eingesteckt werden. Zur Vermeidung einer Verpolung ist dies in der Anleitung auch genau beschrieben.

Diese Stromabnahme von beiden Wagenteilen hat Bogusch bewogen, eine Innenbeleuchtung einzubauen. So sorgen 6 kleine Microbirnen auf einem Platinenstreifen unter dem Wagendach für die Innenbeleuchtung des Wagenkastens, die bei höherer Spannung sehr schön zur Geltung kommt. Gleichzeitig findet man auch einen Lichtwechsel gelb/rot hinter den Stirnlampen, der mit Leuchtdioden verwirklicht wurde. Das “Weiß” wurde durch gelbe LEDs dargestellt, aber das soll keine Kritik sein, denn ich bin mir nämlich gar nicht sicher, ob es bei der Produktion überhaupt schon weiße LEDs gegeben hat. Diese Ausstattung war zum damaligen Zeitpunkt bei Straßenbahnmodellen auf jeden Fall weit überdurchschnittlich.

Die Drehgestellblenden sind teilweise durchbrochen ausgeführt und obwohl sie im Modellbetrieb kaum zu sehen sind, weiter ausgestaltet worden.

Das Modell wurde in einer ansprechenden Holzkiste verkauft. Für die beiden Wagenteile wurden passende Aussparungen in den eingelegten festen Schaumstoff geschnitten, so dass ein sicherer Halt und guter Schutz gewährleistet wurde.

Als Beilagen fand man eine Fotopostkarte des DT8.4 und die bereits erwähnte Beschreibung, die auf der einen Seite Hinweise zum Modell und dessen Betrieb gab, auf der anderen Seite das Vorbild beschrieb.

So, damit habe ich einen weiteren Straßenbahnwagen der SSB in meinem Modellbahn-Wahn beschrieben, der sicher nicht alltäglich auf dem Markt ist. Es wäre nicht fair, das Bogusch Modell mit dem Pendant von Swedtram zu vergleichen, da zeigt es deutliche Schwächen in der Ausführung der Details, der Fenster und der Lackierung. Der Faulhabermotor jedoch sorgt wieder für Freude. Es sei daher daran erinnert, dass auch hier der Preis die Musik macht. Das Bogusch Modell ist zwar auch eine Kleinserie und dadurch kein Billigteil, jedoch bekommt man es deutlich günstiger als das Messingmodell aus Schweden. Sie können sich jetzt (hoffentlich) ein Bild machen, was Ihnen oder Ihrem Geldbeutel besser gefällt, wenn es der SSB DT8.4 sein soll.

Nachwort

So ganz ohne noch ein letztes Schmankerl sollte man diesen Modellbahnwahn nicht abschließen...

Mich hat eine weitere Information erreicht, die ich zwar nicht durch Fakten bestätigen kann, aber ich halte sie durchaus für möglich. Danach sollen die Kunststoffgehäuse des Modells ursprünglich von der Firma Schwarz aus Essen stammen. Die Firma war auch bekannt als “SSB - Schwarze-Schäfchen-Bahn”, was eine Anspielung auf die Stuttgarter Straßenbahn SSB sein sollte, mit denen der inzwischen verstorbene Inhaber, Herr Schwarz, einen gewissen Kleinkrieg geführt hatte, als es um Verwertungsrechte ging.

Wie auch immer, demnach wurden von Bogusch die Gehäusebausätze oder Gehäuse von Schwarz übernommen, entsprechend lackiert und mit eigenen Antrieben, Elektrik, Inneneinrichtung usw. versehen. Wer weiß...

Erstellt: 07.06.2007

Geändert:21.11.2010